Wirtschaftlichkeit

Ein Prinzip verlangt Konzept

 

Es hat sich als eherner Grundsatz durchgesetzt, dass ein Unternehmen wirtschaftlich zu führen ist. Findet er sich doch in jeder Satzung, nicht selten verbunden mit dem Gebot sparsamer Haushaltsführung.

Mit Preisen und Mengen zu rechnen, Erlöse an Kosten zu messen sowie darüber Kennziffern zu bilden, halten zumindest Betriebswirte für aussagekräftig. Ebenso sinnvoll ist es, Produkte, Dienste und Investitionen zu vergleichen – mit einer realen oder fiktiven Alternative.

Großer Erfolg mit geringen Mitteln

Und wer wollte dem Duden widersprechen, dass kleine wie große Geschäftsvorfälle mit den geringstmöglichen Mitteln zum größtmöglichen Erfolg gebracht werden sollten.

Nun weiß man beispielsweise von Investitionsrechnungen, dass sie Annahmen und Zinsfüße enthalten, die sich beliebig variieren lassen, auch solange, bis sich das jeweils gewünschte Ergebnis einstellt. Leider ist es nicht immer von jedem, der betroffen ist, so erwünscht.

Werden gar Leistungen im Lichte ihres finanziellen, materiellen und persönlichen Aufwands diskutiert, scheiden sich erst recht die Geister: etwa an der Qualität, am guten Ruf, an den Folgen für Gesundheit oder Ausrüstung, für Dritte oder die Umwelt, nicht zuletzt an den Kosten, die kalkuliert oder vernachlässigt wurden.

Maßstäbe wider Beliebigkeit

Ohne Ziele und Maßstäbe zu berücksichtigen, ohne Interessen, Vereinbarungen und Gesetze einzubeziehen, wird selbst ein umfangreiches Rechenwerk wenig brauchbar bleiben. Jedenfalls aus Sicht eines Controlling, das auch dann nach dem Sinn der Geschäfte fragt, wenn sie exzellent laufen.

Beim Erfolg geht es nicht ohne Gewinn, aber nicht nur um ihn. Mithin steht kaufmännisches Denken einem gemeinnützigen, einem sozialen Anliegen nicht entgegen. Wäre es doch ein recht dürftiger „Zweck“, nicht hinterfragt jedwede Kosten decken oder an Dritte weitergeben zu wollen. „Kostendeckung“ ist wie „Gewinn“ per se noch kein Argument!

Erwartungen und Konflikte

So selbstverständlich sie als Prinzip vorausgesetzt wird, so umstritten ist Wirtschaftlichkeit im betrieblichen Alltag. Von ihr geht ein Druck aus, der wie ein fach- und sachfremdes, gar bösartiges Diktat empfunden wird. Oft genug pflegt er ungebremst weiter gereicht zu werden, vertikal über alle Ebene und horizontal zu allen Bereichen. Selten kehrt er von unten nach oben zurück.

Mag sein, dass Kosten quälen und Erwartungen enttäuscht werden. Doch wird dies nicht am Gebot der Wirtschaftlichkeit liegen. Spielt sie doch eher den Botschafter, der gute wie schlechte Nachrichten zu überbringen hat. Die Ursache dürfte in den Zielen liegen, den offenen und den verdeckten, den akzeptierten und den abgelehnten. Im Zielkonflikt.

Darin, dass die einen Ziele vorgeben, während die anderen mit Konflikten allein gelassen werden. Darin, dass Vorgaben nicht ausreichend kommuniziert, schon gar nicht interaktiv besprochen und im Ergebnis angepasst werden. Denn nicht nur die Unternehmensleitung, sondern alle Mitarbeiter*innen haben Erwartungen – und zwar in alle Richtungen, weil sie aufeinander angewiesen sind.

Zielvereinbarung und Budgetverantwortung

Der SCS-Diakonie empfiehlt zwei Konzepte, die helfen könnten: ein Netz aus Zielvereinbarungen zu spannen und die Budgetverantwortung dezentral zu vergeben. Beide steuern parallel die inhaltliche wie die finanzielle Seite der Aufgaben, die übernommen wurden und erfüllt werden sollen. Und sie garantieren einen Informationsaustausch über Pläne und Status-Quo.

Es wäre vermessen zu erwarten, dass sie Konflikte aus der Welt schaffen. Vielmehr setzen sie diese auf die Agenda – und gestalten dadurch den Prozess, schrittweise an Lösungen zu arbeiten. Gerade dort, wo Menschen sich ohnmächtig vor einem Problem sehen, wird bereits der Weg zum Ziel.

Das Leugnen des Offenkundigen und das Verstecken voreinander könnte fürs Erste bequemer sein, dürfte auf Dauer jedoch Fehlzeiten erhöhen bzw. den inneren Abschied vom Arbeitsplatz auslösen – und so jede Form der Wirtschaftlichkeit sabotieren.

Wirtschaftlichkeit und Rechtfertigungslehre

„Wirtschaftlichkeit“ scheint ihren Kritiker wenig christlich. Warum nur? Geht das höchst irdische Prinzip nicht konform mit der „Rechtfertigungslehre“? Alle Werke, die guten eingeschlossen, die in Budgets gespiegelt werden, finden danach keine Gnade in den Augen des „Herrn“. Wer aber nicht angemessen wirtschaftet, kann bei seinen Gesellschaftern durchaus in Ungnade fallen.


Berlin im Juni 2018

Ernst Rommeney
Diplomkaufmann
SCS-Diakonie-Berater