Dr. Jens Odewald
Berufung über den Beruf hinaus
Diesen biographischen Artikel hat Dr. Jens Odewald für den Sammelband "Engagement im Ruhestand" geschrieben, herausgegeben von Bernt Renzenbrink und Gerhard Wegner, erschienen 2022 bei der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig. Das Photo oben zeigt ihn (Dritter von links) im Plenum des SCSD-Fachtages 2018 im Evangelischen Kirchenforum an der Parochialkirche Berlin-Mitte.
Wenn man, gerade frisch 80 Jahre alt geworden, gebeten wird, sich zu Themen wie Beruf und Berufung zu äußern, muss man erst einmal nachdenken. Der Gedanke taucht auf, was vom Leben, das man glaubt, verantwortlich gestaltet zu haben, wichtig oder geradezu falsch war. Die ewigen Fragen – Was ist das Leben? Wofür lebt der Mensch? – tauchen unter anderem auf.
Manche Menschen werden andere Fragestellungen wählen. Häufig stellen sich auch ganz andere Probleme, denn in der Regel hängen die Fragen davon ab, welchen Blickwinkel man hat. Da es nicht darum gehen kann, alle Antworten hier differenziert zu analysieren, möchte ich das Naheliegende tun, und von den Situationen berichten, in denen ich handelte oder unterließ, etwas zu tun.
Nahtlos ins Pensionsalter
Das Leben bringt einen oft in Entscheidungsprozesse, die bei realistischer Betrachtung weder erwünscht sind noch echte Handlungsspielräume bieten. Diese Fälle möchte ich heute nicht behandeln. Vielmehr geht es um die Bereitschaft, Situationen mit Handlungsbedarf zu erkennen und zu nutzen. In meinem Fall umschließt das Bereiche wie Kunst, Gesellschaft, Kultur, Kirche, Wissen und Wissenschaftsvermittlung.
Ich möchte nun einige dieser Situationen aus meinem Leben schildern. Vielleicht rufen sie bei dem Leser Fragen hervor, ob Hilfsbereitschaft oder »Wohltätigkeit« multiplizierbar sind. Für mich gilt der Satz, dass jeder Tag nicht nur Risiken, sondern auch Chancen beinhaltet. Wenn in meinen Überlegungen, die auch zum Thema »Ruhestand« verfasst wurden, wenig über »Ruhestand« zu lesen ist, so liegt das weitgehend daran, dass meine beruflichen und sozialen Tätigkeiten für mich einen nahtlosen Übergang in das sogenannte »Pensionsalter« darstellten.
Jugendlicher in Hannover
Geboren wurde ich in den Wirren der Kriegsjahre am 21. September 1940 in Hannover. Nachdem wir dort ausgebombt wurden, zogen meine Mutter und meine zwei älteren Schwestern zur Evakuierung nach Lautenthal im Harz, mein Vater war in Kriegsgefangenschaft. In Hannover, wohin wir 1948 zurückkehrten, besuchte ich die Volksschule und anschließend das neusprachliche Bismarck-Gymnasium.
Student in Freiburg, Genf, Göttingen
Während der Oberstufe gründete ich dort ein politisches Forum für hannoversche Oberschüler. Nach dem Abitur begann ich in Freiburg im Breisgau Rechtswissenschaften zu studieren und wurde Mitglied in der schlagenden Verbindung Cimbria. Mit guten Vorsätzen für das Leben! Um meine Französisch-Kenntnisse zu verbessern, setzte ich mein Studium in Genf fort, wo der Studienbetrieb sehr viel intensiver und persönlicher war.
So fragte mich beispielsweise einer der Professoren, nachdem ich an einem Tag nicht zur Vorlesung erschienen war, ob es mir gesundheitlich besser ginge, wobei die Frage gleichzeitig die Antwort war. Im 16. Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte Genf für mich etwas Ermunterndes und Erfrischendes – mit vielen Neuigkeiten an Restaurants, im Shopping und an angenehmen Kollegen.
Als Dank hatten wir in einem Semester die juristischen Professoren eingeladen. Der Professor, der Gast der Studenten war, stellte in einer kurzen Rede die Frage, was die Jurisprudenz und ein Käsefondue gemeinsam hätten. Die Antwort lautete: »Beides Käse!«
Doktorarbeit im Verfassungsrecht
Zum fünften Semester wechselte ich nach Göttingen, um mich dort auf das Examen vorzubereiten. Die Universität dort galt als Arbeitsuniversität – Freiherr vom Stein hatte einmal über Göttingen geschrieben: »Wenn man nicht vor Langeweile sterben will, bleibt einem nichts übrig, als zu arbeiten.« An der Göttinger Universität lehrte Professor Werner Weber öffentliches Recht. Bei ihm schrieb ich während meiner Referendarzeit am Oberlandesgericht Celle eine Doktorarbeit im Bereich Verfassungsrecht.
Als berufliches Ziel hatte ich lange Zeit eine Tätigkeit im Auswärtigen Amt vor Augen. Jedoch erschien mir dies nach einem Besuch etlicher deutscher Botschaften im Ausland in Anbetracht des Abbaus des Nationalstaates nicht mehr attraktiv. Durch einen glücklichen Umstand traf ich mit einem Juristen zusammen, der im Steuerrecht eine besonders effiziente Ergänzung sah. Dies überzeugte mich. Und so begab ich mich nach dem zweiten juristischen Staatsexamen auf die Suche nach einem adäquaten Arbeitsplatz.
Kaufmännische Ausbildung bei Esso
Für einen Anfänger fand ich das Angebot der Hauptverwaltung der Deutschen Esso AG gut: Vor einer Betätigung in der zentralen Steuerabteilung in Hamburg bot mir die Gesellschaft ein neunmonatiges »Rotation« an, das mich in die Bereiche Finanzierung, Recht und Marketing mit Public Relations einführte.
Auf die darauffolgende Tätigkeit in der Steuerabteilung bereitete ich mich in einem zweijährigen Kurs vor, der abends außerhalb der Dienstzeiten stattfand. Das Examen, mit dem dieser Kurs endete, war für mich wohl die schwierigste Prüfung in meiner Ausbildung, denn ich hatte wichtige Bereiche der Betriebswirtschaft an der Universität nicht hinreichend gelernt. Interessant und lehrreich waren für mich während der Rotation ein sechsmonatiger Einsatz im Bonner Verbindungsbüro des Konzerns mit vielen wichtigen Kontakten zu bemerkenswerten Personen.
Internationale Erfahrung durch Kühne & Nagel
Im Jahre 1974, in dem ich in der Steuerabteilung sehr spürbar vorangekommen war, erhielt ich von der Logistikfirma Kühne & Nagel das Angebot, die Führung des gesamten kaufmännischen Bereiches des Unternehmens in Deutschland zu übernehmen. Da der Finanzgeschäftsführer aus gesundheitlichen Gründen früher als geplant ausstieg, wurde ich bereits nach einigen Monaten mit der kaufmännischen Geschäftsleitung betraut.
Ein Jahr später berief mich der Verwaltungsrat der Konzern Holding Kühne & Nagel International AG in der Schweiz in den Vorstand. Die Tätigkeit war von besonderem Interesse, weil das Unternehmen Filialen und Beteiligungen in allen Kontinenten aufgebaut hatte. Besonders intensiv begleitete ich den Bereich Nordamerika (USA und Kanada) sowie einige in Europa ansässige Beteiligungen.
Bei einer geplanten Verlängerung meiner Aufgabe der internationalen AG versuchte der Gesellschafter eine Residenzpflicht in der Schweiz für mich zu statuieren. Damit verbunden war die Frage, ob ich weiter in der Geschäftsführung der nationalen AG in Hamburg bleiben könnte, denn das internationale Geschäft war sehr erfolgreich, verlangte allerdings auch einen hohen zeitlichen Aufwand. Meine Frau, die damals als Ärztin am Universitätsklinikum Eppendorf tätig war, wäre ohne größere Probleme, die ich ihr nicht zumuten wollte, nicht zum Wechsel bereit gewesen. Also gaben wir den zusätzlichen Wohnsitz in der Schweiz am Zürichsee auf.
Wirtschaftsprüfer mit Susat & Partner
Danach erfolgte eine Tätigkeit von anderthalb Jahren in der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Susat & Partner, an die ich gerne zurückdenke. Die Adresse Susat war gut, die Kollegen waren kenntnisreich und sympathisch und man war zufrieden. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass eine Beratungstätigkeit auch bei einer hochqualifizierten Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft etwas anderes ist als eineoperative Tätigkeit in einem Großunternehmen.
Vorstand im Konzern Kaufhof
Es fiel mir schwer, aber per saldo war die Entscheidung, in den Vorstand des Warenhauskonzerns Kaufhof einzutreten, die richtige – auch aus heutiger Perspektive. Damit einher ging ein Umzug von Hamburg nach Köln, wo Kaufhof seine Zentrale hatte. Kurz nach meinem Eintritt in die Kaufhof AG zeichnete sich ein Wechsel auf der Gesellschafter-Ebene ab: Die Metro AG übernahm einen maßgeblichen Anteil als Gesellschafter, und Herr Erwin Conradi, Metro Vorstandvorsitzender, löste den Dresdner Bank Bankier Dr. Bresser als Vorsitzenden des Aufsichtsrates ab.
Da die Warenhäuser durch veränderte Marktverhältnisse nicht mehr wie gewünscht resultierten, erwarben meine Vorstandskollegen und ich Anteile an jungen Fachmärkten verschiedener Branchen sowie andere Beteiligungen, die gut resultierten. Besonders erfreulich entwickelte sich die Kaufhof-Beteiligung an Hapag Lloyd. Während meiner Zeit im Kaufhof-Konzern brachte insbesondere das ertragreiche Wachstum der jungen Gesellschaften viel Positives, jedoch blieben die Strukturprobleme von Warenhäuser verbesserungsbedürftig. Im Jahr 1995, als Probleme im Tourismusbereich auftauchten, kam es schließlich zur einvernehmlichen Auflösung meines Vertrages.
Gründung von Private-Equity-Gesellschaften
Mit der Frage konfrontiert, was man mit 55 Jahren noch Neues tun kann, rieten mir Freunde unter Hinweis auf viele erfolgreiche Beteiligungen, die ich in meiner Kaufhof-Zeit gekauft hatte, in diesem Bereich selbst aktiv zu werden. Ein eigenes Geschäft aufzubauen, entsprach sehr meinen Vorstellungen.
Ich gründete eine Private-Equity-Gesellschaft mit 150 Mio. Euro Eigenkapital, die ich von erstklassigen Kapitalanlegern einwerben konnte. Da ich in Berlin interessante Ansatzpunkte für Wachstum sah und dieser Standort auch von potenziellen Partnern für gut befunden wurde, haben wir anderthalb Jahre nach meinem Ausscheiden bei Kaufhof Holding in Berlin die Odewald & Compagnie GmbH für Beteiligungen gegründet.
Inzwischen hatte ich über Freunde einen guten Kontakt zu Joe Rice, dem Gründer einer der führenden US-amerikanischen Private-Equity-Firmen Clayton Dubilier Rice gewinnen können. Dies hat mir einen guten Einblick in das amerikanische Private-Equity-Geschäft vermittelt, wobei auch Differenzen zu Deutschland ersichtlich wurden.
Da unser Wachstum besonders stark war, gründeten wir für neuere Aktivitäten die Odewald KMU, eine Investmentgesellschaft für mittelgroße Investments, die interessante Renditen erwirtschaftet, wobei sie bereits jetzt eine Neugründung mit erhöhtem Eigenkapital ins Auge fasst. Das Private-Equity-Geschäft wird weiter wachsen, wenn auch Variationen denkbar sind.
Rückzug aus dem aktiven Management
Gut 15 Jahre nach der Gründung der Odewald & Compagnie GmbH war der Punkt gekommen, an dem ich mich aus dem aktiven Management zurückzog. Den Interessen meiner Frau und dem restlichen Teil der Familie habe ich mich weitgehend genähert, auch wenn die Wirklichkeit immer wieder Versuchungen bringt und ich gelegentlich zu schwach bin, diese vollständig von mir zu weisen.
Was treibt mich an und was bringt mich dazu, etwas zu tun? Die Antwort hierauf zu finden, ist für mich relativ einfach und schwierig zugleich: Es geht für mich darum, ob ich im eigenen Engagement etwas Positives entfachen und ob ich denen helfen kann, die der Hilfe bedürfen. Jeder Tag bietet neue Chancen und Möglichkeiten. Ich freue mich, genau in dieser Richtung tätig sein zu können.
Die Arbeit – wenn es überhaupt eine solche ist – fällt leicht und macht Freude. Schwieriger zu finden ist die Antwort auf die Frage, warum ich mich für eine bestimmte Option entscheide, wenn mehrere zur Auswahl stehen. Prioritäten zu setzen, kann auch bedeuten, festzulegen, was später oder gar nicht kommt. In dieser Lage musste ich gelegentlich entdecken: Ich habe es getan, und zwar gern.
Wenn ich heute das ansehe, was zum Teil mit meiner Unterstützung versucht wurde, um Hilfe für andere zu leisten, ergibt sich folgendes Bild: Die Bereiche, in denen wir bzw. ich Unterstützungen eingebracht haben, umfassen Soziales, Kunst und Kultur, Wissensvermittlung und Wissenschaften sowie die Kirche (als Gemeindemitglied im lokalen Umfeld als auch in größeren Dimensionen auf Bundes- und Landesebene). In all diesen Bereichen gab es jeweils unterschiedliche Gründe für ein Engagement, wobei insbesondere die Geschichte der letzten hundert Jahre Fragen aufwirft, wo man Fehler vermeiden und Dinge anders gestalten müsste.
Kuratorium der Stiftung Humboldt-Universität
Als ich Anfang der 1990er Jahre in Berlin war, herrschte dort eine gewisse Aufbruchsstimmung. Dies traf auch für die Humboldt-Universität zu Berlin zu. Während eines Abendessens in dem Privathaus eines Berliner Unternehmers wurde ich nach dem Dessert gefragt, ob ich mir eine Unterstützung der Studenten der Humboldt-Universität vorstellen könnte, wobei organisatorisch auch etwas Neues entstehen müsste. Da man bei einer derartigen Aufgabe auch deren Dimension richtig zu bewerten hat, galt es Mitstreiter zu finden.
Dabei war der Einsatz von Prof. Dr. Michael Hofmann-Becking, Prof. Dr. Hannes Rehm und Dr. Christian Olearius und vielen anderen in Form einer Kapitaleinlage ein wichtiger Baustein für die Gründungsarbeit der Stiftung, wobei natürlich alle Arbeiten zur Gründung der Stiftung von uns erledigt wurden. Auch hat uns Prof. Dr. Christoph Markschies, der damalige Präsident der Humboldt-Universität, in der Gründungsphase der Stiftung und darüber hinaus herausragend unterstützt, und zwar in einer Weise, die der jungen Stiftung besonders gut tat. Wie häufig üblich, hatten wir ein Kuratorium auszusuchen, das gemeinsam mit einem Vorstand, die Arbeit der Stiftung prägte.
Wichtig, wie bei Führungsgremien überhaupt, war die Mischung von individuellen Stärken, die sich ergänzten. Projekte für die Stiftung gab es hinreichend, sie lagen sowohl in der umfangreichen Bausubstanz, die nach dem Stiftungszweck als erhaltenswürdig galt, als auch in operativen Aufgaben, die der materiellen Unterstützung dienten.
Ein gutes Netzwerk trug dazu bei, in kurzer Zeit Evidentes zu erschaffen. Ein besonderer Reiz dieser Arbeit, die einen erheblichen Aufwand darstellte, bestand darin, eine der einst führenden Universitäten der Welt, die durch den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen an Boden verloren hatte, auf dem Weg zu hoher Leistungskraft in Forschung und Lehre zu begleiten.
Es gab einen erheblichen Nachholbedarf: An der Universität gab es weder Stiftungen noch eine Alumni-Kultur sowie nur wenig Kapital für die Förderung. Bei der Stiftung Humboldt-Universität galt es dem Anspruch des Gründernamens, der sich im Zuge der Arbeit immer wieder als hilfreich erwies, und der Lage der Universität im Zentrum der neuen alten Hauptstadt des vereinten Deutschlands gerecht zu werden.
Tieranatomische Theater und Humboldt-Bayer Mobil
Einen nachhaltigen und sichtbaren Baustein der Stiftungsarbeit stellt heute das wiedererstellte Tieranatomische Theater dar, das älteste Lehrgebäude Berlins und eindrucksvolles Werk Carl Gotthard Langhans’. Die generöse Spende der Hermann Reemtsma Stiftung gab die Initialzündung für den Wiederaufbau, nicht nur des Theaters selbst, sondern auch seiner Anbauten.
Dazu beigetragen haben nicht zuletzt auch eine Vielzahl weiterer Spenden. Eines der Projekte, die der Stiftung am Herzen liegen, ist ein Projekt, das wir mit der Bayer-Stiftung realisieren konnten: Das Humboldt-Bayer Mobil ist ein großer, grüner LKW, ein fahrendes Schülerlabor, das Schülerinnen und Schülern – also den Studenten von morgen – im Bereich der Lebenswissenschaften, besonders der Physik und der Medizin, die Möglichkeit bietet, selbständig zu experimentieren und in direkten Kontakt mit der Universität zu kommen. Ein weiteres Thema sind reizvolle Forschungsprojekte, die von Wissenschaftlern zur Unterstützung durch die Stiftung vorgeschlagen werden.
Scharnier zwischen Wissenschaftlern, Studenten und Unterstützern
Die gelegentlich im Rahmen der Stiftung von den Forschern präsentierte wissenschaftliche Projektarbeit ist für viele Förderer eine überzeugende Argumentation für ihr Engagement. Die einzelnen Themenvorschläge werden hinsichtlich ihrer Eignung, weitgehend durch Wissenschaftler – auch durch Hinzuziehung von Wissenschaftlern der HU – geprüft und anschließend in den Stiftungstreffen, die zweimal im Jahr für Freunde und Förderer veranstaltet werden, von den Wissenschaftlern selbst präsentiert. Diese Treffen sind ein Forum, Menschen außerhalb des universitären Zusammenhangs für wichtige Themen zu begeistern. Die Stiftung dient hier als Scharnier zwischen Universitätslehrkörper und Unterstützern.
Darüber hinaus werden Studierende direkt gefördert, in sogenannten Deutschlandstipendium-Themenklassen, die immer ein Thema unter interdisziplinären Aspekten behandeln und dabei von Lehrenden begleitet werden. Die Ergebnisse der Studierenden, die sich in einem Bewerbungsprozess als Stipendiaten qualifizieren, werden den Unterstützern vorgestellt. Dabei besteht die Möglichkeit, auch in kleinerem Rahmen zu spenden. Es handelt sich um eine nachhaltige Förderung für junge Menschen, die so ein besonderes Studienerlebnis haben – und vielleicht selbst einmal als Alumni ihre Dankbarkeit durch Unterstützung für die Humboldt-Universität zeigen.
Kulturdialog der Guardini Stiftung
Ein völlig anderes Betätigungsfeld ergab sich durch meine Mitgliedschaft im Kuratorium der Guardini Stiftung, in die mich ein prominenter Katholik eingeführt hatte. Die 1987 gegründete Stiftung wurde zu einem Brückenschlag für einen Kulturdialog zwischen Kunst, Wissenschaft und Glauben.
Bevor ich mich als private Person für eine Mitgliedschaft im Kuratorium der Guardini Stiftung entschieden hatte, beeindruckte mich die Offenheit Guardinis und es reizte mich die Erkenntnis, dass man die Chancen, die die Pensionärszeit eröffnet, durch einen engeren Bezug mit der christlichen Philosophie verbinden kann. Diesem Zweck dient auch die Mitgliedschaft in einem theologischen Gesprächskreis.
Unter Freunden des Wallraf-Richartz-Museums
Eine Aktivität, die nicht nur für die Betroffenen, nämlich Museum und Museumsfreunde hilfreich ist, sondern auch mir selbst immer wieder Inspirationen und bereichernde Stunden bietet, ist die Mitgliedschaft im Vorstand der Freunde des Wallraf-Richartz-Museums und des Museums Ludwig in Köln. Hierzu hatte mich 1980, nachdem ich in den Vorstand des Warenhauskonzerns Kaufhof eingetreten war, Dr. Christians, damals zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank, eingeladen. Auch nach dem Ausscheiden aus der Kaufhof Holding AG bin ich in diesem Vorstand inzwischen mehr als 40 Jahre aktiv.
Verwaltungsrat der Treuhandanstalt
Im Jahr 1990 wurde ich von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl gefragt, ob ich bereit sei, als Nachfolger von Detlev Rohwedder den Vorsitz des Verwaltungsrates der neugegründeten Treuhandanstalt zu übernehmen. Ich übte dieses Amt von 1990 bis 1994 ehrenamtlich aus, wobei die gleichzeitige Ausübung mit dem Vorstandsvorsitz in der Kaufhof Holding einen hohen persönlichen Einsatz forderte.
Nicht zuletzt die Ermordung Detlev Rohwedders, die für uns alle sehr schmerzlich war, machte auch die persönlichen Gefahren klar, denen man sich in diesem Amt ausgesetzt sah. Die Belastung war enorm. Wenige verantwortliche Staatsbürger waren dazu bereit, eine ähnliche Doppelbelastung einzugehen. Ich habe diese Aufgabe nicht nur in ihrer mannigfachen Komplikation gesehen, sondern auch als eine Chance, meine Kollegen, in welchen Gremien sie auch immer saßen, zu begleiten.
Es ging immerhin um das Wohl von rund 17 Millionen Menschen, denen die Einheit neue Wege bot, die nicht immer leicht zu begehen waren. Es bedeutete für mich, dass bei dieser Integration ein hohes soziales und humanitäres Thema gelöst werden musste, was mit der außerordentlichen Hilfe vieler hochqualifizierter Verwaltungsmitglieder gelang. Als Anfang 1994 ein ernster Krankheitsfall in meiner Familie auftrat, war für mich jedoch die Grenze der Belastbarkeit erreicht.
Nach vier Jahren, in denen ich mich dieser Aufgabe gewidmet hatte, bat ich darum, das mir anvertraute Amt niederlegen zu können. Zu dem Zeitpunkt waren rund 90 Prozent der Arbeit der Treuhandanstalt erledigt. Ein guter Mann, Dr. Manfred Lennings, übernahm dieses Amt mit gutem Erfolg.
Sammlung von Kunstausstellungskatalogen
Das »Pensionsalter« habe ich inzwischen erreicht und den Vorsitz der Stiftung Humboldt-Universität im 80. Lebensjahr niedergelegt. Ich brauche nicht zu überlegen, was ich »danach« machen könnte, im Gegenteil: Es ist notwendig das Tagespensum allmählich zu reduzieren – und so vielleicht auch ein wenig mehr Zeit für meine Sammlung von Kunstausstellungskatalogen zu haben.