Kirche im Umbruch

Drei Empfehlungen

 

Im Mai 2019 wurde die Studie „Kirche im Umbruch, zwischen demografischem Wandel und nachlassender Kirchenverbundenheit“ veröffentlicht. Gemeinsam war sie von der Evangelischen Kirche in Deutschland und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz beim „Forschungszentrum Generationenverträge“ an der Universität Freiburg in Auftrag gegeben worden.

„Projektion 2060“ bestätigt und ermutigt

Sie gibt Auskunft über die langfristige Entwicklung der Kirchenmitgliedschaft und der Kirchensteuern.

Diese „Projektion 2060“ sagt voraus, dass sich bis 2060 die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder halbieren wird. Gab es 2017 21,5 Mio., so werden es 2035 noch 16,2 Mio. und 2060 nur 10,5 Mio. sein. Bei dieser Entwicklung wird es größere regionale Unterschiede geben. Der Rückgang wird im Osten stärker sein als im Süden; dazwischen liegen der Westen und der Norden Deutschlands. Klingt alles plausibel.

Mitgliederzahl und Kirchensteueraufkommen werden halbiert

Wer sich schon bisher für Prognosen zur Entwicklung der Kirchen interessiert hat, wird über diese Ergebnisse nicht wirklich erstaunt sein. Sie entsprechen den Trends, die seit etwa zwei Jahrzehnten bekannt sind und den evangelischen Reformpapieren der 1990er sowie 2000er Jahre zugrunde gelegt wurden.

Die „Projektion 2060“ bringt es jetzt auf den Punkt: die Evangelische Kirche hat im Jahr 2060 nur noch 10,5 Millionen Mitglieder und die Kaufkraft der Kirchensteuer wird um 50% abnehmen. Soweit war das Ergebnis erwartbar. Die Demografie kann man eben nicht (mehr) beeinflussen. Ein „Wachsen gegen den Trend“ ist nicht möglich.

Nicht Demografie, wohl aber Rückgang lässt sich beeinflussen

Aber die Studie macht auf einen entscheidenden Punkt aufmerksam und widerspricht schicksalhafter Ergebenheit. Der größere Teil des Rückgangs ist nämlich sehr wohl zu beeinflussen. Hängt er doch davon ab, wie die Kirche sich entwickelt. Er basiert nämlich stärker auf Tauf-, Austritts- oder Aufnahmeverhalten als auf demografischen Faktoren.

Drei Empfehlungen geben wir der Leitung von Kirchen und Gemeinden

Deshalb geht es heute und morgen darum, die Weichen dafür zu stellen, damit Menschen auch in Zukunft durch das kirchliche Handeln die Liebe Gottes in Wort und Tat erfahren. Aus unserer Sicht sind drei Veränderungen im kirchenleitenden Handeln auf allen Ebenen zu bedenken:

1. Neue Formen von Gemeinden ergänzen das Ortkirchenprinzip

Weil die Industrialisierung die Einheit von Wohnen und Arbeiten gestärkt hat, wurde das Organisationsprinzip des Wohnsitzes für die Kirchenstrukturen seit mehr als 100 Jahren zu einem Erfolgsmodell.

Die digitale Welt macht heute den jeweiligen Standort oder Wohnort unbedeutend. Eine Vielzahl von Optionen entstehen unabhängig vom jeweiligen Standort.

Deshalb werden (noch mehr) neue Formen von Gemeinden entstehen, die nach anderen Prinzipien organisiert sind (Interessen, Generationen, Milieus, Musik, Engagement usw.).

2. Von der Versäulung zur Vernetzung

Die grundlegende Einsicht, dass nicht mehr jede Gemeinde alles machen und „anbieten“ kann, führt zu regionalen Vernetzungen im Miteinander von vielfältigen Gemeindeformen. Das Nebeneinander wird zum Miteinander von verschiedenen Gemeinden, diakonischen Akteuren und Gruppen.

3. Vom Verwalten zum aktiven Gestalten und Steuern

Eine zukünftige Kirche kann nicht mehr weitermachen wie bisher und das bisher Erreichte verwalten.

Sie braucht eine Leitung, die von der Zukunft her fragt, welche Schwerpunkte heute stark gemacht werden. Sie braucht eine Leitung, die fragt, auf welche Herausforderung im Dorf oder im Stadtteil das Evangelium eine Antwort ist, und alles darauf ausrichtet.

 

Berlin im Juni 2019

Peter Burkowski
Pfarrer

Geschäftsführer
der Führungsakademie für
Kirche und Diakonie